Einige Anmerkungen zur Geschichte des türkisch-kurdischen Konfliktes, der PKK und der Rolle diverser deutscher Staaten – Herausgegeben vom Bündnis Bremen für Rojava Oktober 2019

Vorbemerkung:

Der vorliegende Text ist bereits zwei Jahre alt und anläßlich des „Städtekrieges“ in Nordkurdistan/ Südost-Türkei in den Jahren 2015/16 von einigen Aktiven aus dem damaligen Solidaritätskomitee in Bremen verfasst, aber aus verschiedenen Gründen nicht veröffentlicht worden. Vor dem Hintergrund des aktuellen Überfalls der Türkei und verbündeter jihadistischer Terroristen auf die Demokratische Föderation Nordsyrien (inkl. des kurdischen Rojava) halten wir es für sinnvoll, diese Veröffentlichung jetzt nachzuholen.

Das hat vor allem damit zu tun, dass in großenTeilen der Öffentlichkeit immer noch zu wenig über die historischen Hintergründe in Sachen Türkei-Kurdistan-Deutschland bekannt ist. Und es hat auch damit zu tun, dass der aktuelle Überfall quasi als neueste Etappe in einem primär von türkischer Seite geführten extrem brutalen Krieg anzusehen ist, der faktisch seit der Gründung des türkischen Nationalstaates im Jahr 1923 im Gange ist.

Der oben erwähnte „Städtekrieg“ 2015/16, der den Anlaß für die Erstellung dieses Textes darstellte, war dabei ebenso eine Phase dieses Krieges wie der aktuelle Überfall. Nach den Parlamentswahlen des Jahres 2015 sah die Türkei das erste Mal in ihrer Geschichte mit der HDP eine Partei in Fraktionsstärke im Parlament, die mit den antikurdischen Traditionen des Landes ernsthaft brechen wollte. Für Erdoğan und das AKP-Regime sowie die „traditionellen“ türkischen Nationalisten stellte das eine derartige Provokation dar, dass diese Wahlen faktisch nicht nur annulliert wurden, sondern auch eine Art Bestrafungsaktion gegen die Hochburgen der HDP im kurdischen Südosten der Türkei durchgeführt wurde. Mehrheitlich kurdisch bewohnte Städte wie Cizre, Sirnak, Nusaybin und andere wurden teils wochen- und monatelang in militärische Sperrzonen mit Ausgangssperren verwandelt, gewählte HDP-Kommunalpolitiker*innen von ihren Ämtern abgesetzt und als „Terroristen“ verfolgt. Vor diesem Hintergrund erklärten dann verschiedene Stadträte für ihre jeweiligen Bezirke die „demokratische Autonomie“ innerhalb des türkischen Staates, d.h. sie versuchten faktisch, das Modell vom benachbarten Rojava auch in Nordkurdistan umzusetzen, inkl. bewaffneter Selbstverteidigungskräfte.

Die Antwort des türkischen Staates war – einmal mehr – Krieg. Und zwar ein ebenso rücksichtsloser und brutaler, wie er gegen die kurdische Minderheit schon davor und aktuell heute stattfindet, auch ausserhalb der Türkei. Die Städte innerhalb der Türkei wurden mit Panzern, Artillerie und Luftwaffe angegriffen und dabei teils völlig zerstört. Hunderte von Toten, schwere Menschenrechtsverletzungen und bis zu 300.000 Binnenflüchtlinge waren das Ergebnis dieses erneuten Genozidversuches, der damals quasi unberichtet und ignoriert von der sog. Weltöffentlichkeit stattfand.

Um die Hintergründe dieses und anderer einwandfrei staatsterroristischer Verbrechen der Türkei etwas transparenter zu machen, entstand damals dieser Text. Und er hat nichts von seiner historischen Aktualität verloren.

2019-10_Anmerkungen-kurdisch-türkischer-Konflikt_Soku-Bremen-fuer-Rojava-1

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